neues bauen zwischen magnitogorsk und hamburg-altona

Das architektonische Erbe des Stadtplaners Ernst May
Donnerstag, 21. Februar 2013, 20.00

Der Stadtplaner und Architekt Ernst May baute Wohnsiedlungen im Frankfurt der Weimarer Republik, im sowjetischen Magnitogorsk und im Hamburg-Altona der Nachkriegszeit. Über die Jahrzehnte und Ideologien hinweg lässt sich in seinem Wirken verfolgen, wie Funktion und Ästhetik des Bauens, soziale Bedürfnisse und politische Utopien miteinander verbunden sind.
 
Vortrag: Dr. Thomas Flierl
Diskussion: Dr. Arnold Bartetzky
Prof. Dr. Peter Michelis
 
Unkostenbeitrag: 5 €, ermäßigt 3 €
 
Infozentrum Mitte Altona
Harkortstraße 121 (Hofeingang)
22765 Hamburg
 
Eine Gemeinschaftsveranstaltung von (p)ostkartell. verein für angewandte kulturforschung e.v. mit der altonale Hamburg GmbH und dem Geisteswissenschaftlichen Zentrum Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas GWZO Leipzig.
 
Zwischen IKEA-Baugrube und dem geplanten neuen Stadtviertel auf dem alten Bahn-Gelände ist Hamburg-Altona zurzeit eine wahre Großbaustelle, um die Diskussionen, Kontroversen und nicht zuletzt die Anwohner/innen selbst kreisen. In seiner heutigen Gestalt ist das Viertel, das sich nun zum wiederholten Male im architektonischen und sozialen Umbruch befindet, durch den Stadtplaner und Architekten Ernst May geprägt. May war in den 1960er Jahren im Rahmen der Neuen Heimat für den Wiederaufbau „Neu-Altonas“ zuständig. Auf seine Initiative und Planung gehen die Hochhaus-Wohnbebauung, aber auch die zahlreichen Grünflächen und Parks zurück.
 
Der aufmerksame Chronist der Hamburger Nachkriegszeit, der Literat Hubert Fichte, beschreibt die Mayschen „Komfortwohnungen“ in seinem berühmten Hamburg-Roman „Die Palette“ noch während ihrer Entstehung:
 
Auf die kleine Michaeliskirche wird ein glänzendes neues Dach gehandwerkert und die Königsstraße hinunter sausen die Autos und die Allee hinunter sausen die Autos, lassen kleine Gaswölkchen. Das Tageslicht wird trüb davon. Ungejätet steht der Judenfriedhofswald gegenüber der kleinen Michaeliskirche und vielen gelben Backsteinen gegenüber, die Komfortwohnungen ergeben.
In den 1930er Jahren war May zuvor auf ganz anderen Großbaustellen aktiv: Auf Einladung der sowjetischen Regierung ging der Architekt als maßgeblicher Vertreter des Neuen Bauens in die Sowjetunion, um dort „Standardstädte“ für die neue Gesellschaft und ihre „neuen Menschen“ zu planen. Aufgrund pragmatischer Schwierigkeiten und programmatischer Differenzen verließ der Architekt die Sowjetunion im Winter 1933. Als ikonischer Vertreter des Neuen Bauens war er jedoch auch in der zeitgleich entstehenden deutschen Diktatur nicht willkommen, weshalb er nach Afrika emigrierte. Nach Kriegsende und seiner Rückkehr nach Deutschland engagierte sich May mit ungebrochenem Elan für das Neue Bauen in der sich nun formierenden Bundesrepublik.
 
Allein die Biographie eines solchen architektonischen Wanderers zwischen den Welten und den Ideologien fasziniert. Seine Überlegungen zum Neuen Bauen im Spannungsfeld der ökonomisch-industriellen, sozialen und politischen Umbrüchen bilden jedoch auch eine wichtige historische Folie für das Nachdenken über heutige städtebauliche Planungen im Allgemeinen und in Altona im Besonderen.
 
(p)ostkartell. institut für angewandte kulturforschung organisiert vor diesem Hintergrund eine Vortragsveranstaltung zum Thema „Neues Bauen zwischen Magnitogorsk und Hamburg-Altona. Das architektonische Erbe des Städteplaners Ernst May“ mit dem Kulturwissenschaftler und Autor Dr. Thomas Flierl, dessen Monographie zum Thema im Jahr 2012 im Suhrkamp Verlag erschienen ist, dem Kunsthistoriker und Spezialisten für Stadtplanung und Urbane Kultur Dr. Arnold Bartetzky (GWZO Leipzig) und Prof. Dr. Peter Michelis, ehemals Professor an der Hamburger Hochschule für angewandte Wissenschaften und heute Vorsitzender der Gustav-Oelsner-Gesellschaft.
 
Thomas Flierl hält am Ort des Mayschen Wirkens, in Altona, einen Vortrag zum Thema, stellt sein Buch vor und diskutiert mit Arnold Bartetzky und Peter Michelis über mögliche Konsequenzen und Anknüpfungspunkte für die Gegenwart. So sollen die aktuellen Diskussionen um die städtebauliche Zukunft Hamburg-Altonas eine historische und internationale Fundierung erhalten.
 
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