10. Nov.: Live-Stream Vernissage der Ausstellung „Zur Kur. Auszeit auf Zeit“, Zentralbibliothek der Bücherhallen Hamburg

Eintauchen, Untertauchen, Auftauchen. Müssen wir nach Corona alle in Kur?

Was haben Quarantäne und Kurort gemeinsam? „Man verändert hier seine Begriffe“, wie Kur-Klassiker Thomas Mann feststellte. Zum Beispiel von Zeit oder Gesundheit. Junge Kunst entdeckt den Kurort neu, gerade in der Pandemie.

Livestream zur Vernissage, 10. November 18:00 auf Instagram:

https://www.instagram.com/stories/buecherhallen/

Die Corona-Kontaktbeschränkungen haben uns eine „Auszeit auf Zeit“ beschert – wider Willen. In der Selbst-Isolation wurde unser Zuhause zu einem anderen Ort, mal Büro, mal Schule, mal Fitness-Studio. Die Pandemie veränderte auch unsere Wahrnehmung von Zeit.

Genau in diesem Moment der Pandemie eröffnet die Zentralbibliothek der Hamburger Bücherhallen eine Ausstellung von Werken junger Künstler*innen, die sich mit dem Kurort gestern und heute auseinandersetzen. Auch dieser ist ja eine „Auszeit auf Zeit“, allerdings gerade nicht am vertrauten Ort, sondern in der Fremde, an den herbeigesehnten Küsten und Bergen. Eines aber haben Quarantäne und Kurort gemeinsam: „Man verändert hier seine Begriffe“, wie schon der Kur-Klassiker Thomas Mann feststellte.

Das Zitat stammt aus Thomas Manns Kurort-Klassiker „Der Zauberberg“. Hier begegnet der „Hamburger Jung“ nicht nur dem alles verändernden Bergklima, sondern auch der Liebe: in Person der russischen femme fatale Madame Chauchat. Mann strickt aus dieser Begegnung sogar eine regelrechte Kulturtheorie – wenig subtil aber eindrücklich:

„Reden Sie nicht, wie es in der Luft liegt, junger Mensch, sondern wie es Ihrer europäischen Lebensform angemessen ist! Hier liegt vor allem viel Asien in der Luft, – nicht umsonst wimmelt es von Typen aus der moskowitischen Mongolei! Diese Leute“ – und Herr Settembrini deutete mit dem Kinn über die Schulter hinter sich -, „richten Sie sich innerlich nicht nach ihnen, lassen sie sich von ihren Begriffen nicht infizieren, setzen Sie vielmehr Ihr Wesen, Ihr höheres Wesen gegen das ihre, und halten Sie heilig, was Ihnen, dem Sohn des Westens, des göttlichen Westens, – dem Sohn der Zivilisation, nach Natur und Herkunft heilig ist, zum Beispiel die Zeit! Diese Freigebigkeit, diese barbarische Großartigkeit im Zeitverbrauch ist asiatischer Stil, – das mag ein Grund sein, weshalb es den Kindern des Ostens an diesem Orte behagt.“

Mann, Thomas. Der Zauberberg: Roman. In: Gesammelte Werke in Einzelbänden. Frankfurter Ausgabe. Hg. von Peter de Mendelssohn. Frankfurt am Main: Fischer, 1981, 342. 

Kurorte sind Orte, die unseren Blick auf die Welt zuhause verändern können, sind Orte der Begegnung, aber auch auch der Auseinandersetzung und des Konflikts. Als solche treten sie uns in der Ausstellung in vielen unterschiedlichen Interpretationen entgegen.

Zentralbibliothek
Hühnerposten 1 (Eingang: Arno-Schmidt-Platz)
20097 Hamburg
10. bis 28. November 2020

Die Ausstellung und Vernissage ist eine Kooperation der Zentralbibliothek der Bücherhallen Hamburg mit der htk academy, der Hochschule für Musik und Theater Hamburg, The European Spa Project, (p)ostkartell. verein für angewandte kulturforschung.

Künstlerische Konzeption: Gaby Bergmann
Wissenschaftliche Konzeption: Henrike Schmidt und Astrid Köhler
Rezitation: Marie Schulte-Werning
Organisation: Sarah Politt, Christoph Gärtner, Heinrike Bürke
Social Media Konzeption: Clara Simons

Das Projekt wird finanziell gefördert durch HERA (Humanities in the European Research Area) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung.